Zu Beginn der strukturierten endodontischen Therapie vor über 100 Jahren wurde ausgesprochen minimalinvasiv gearbeitet. Der Zugang erfolgte mitunter noch durch den kariösen Defekt; Hedstroemfeile, Reamer und K-Feile wurden für die Kanalbearbeitung verwendet; geringe Mengen Natriumhyochlorit zur Desinfektion eingesetzt. Die Wurzelfüllung erfolgte mit einem oder mehreren Stiften einer 2%igen Konizität und die Wurzelfüllung hatte damit (fast) immer eine „schlanke Figur“. Was folgte war eine Wartezeit von mehreren Monaten, um den Erfolg der Behandlung festzustellen.
Spätestens mit Einführung von Instrumenten aus Nickel-Titan wurden die Zugänge geradliniger und größer. Die Aufbereitung erfolgte mit rotierenden oder reziprokierenden Instrumenten von bis zu 12%iger Konizität, während (gefühlt) mit literweise NaOCl gespült werden sollte. Die Therapie wurde vorhersagbarer und der Zahn mechanisch immer weiter geschwächt.
Der heutige Trend geht eindeutig zurück zu minimalinvasivem Vorgehen, mit sehr kleinen Kavitäten und NiTi Instrumenten mit nur 3%iger Konizität.
In dem Vortrag werden Vor- und Nachteile dieses erneut minimalinvasiven Vorgehens diskutiert. Die Nachteile kleinster Kavitäten liegen auf der Hand: geringe Übersicht, erschwerter Zugang, erhöhte Frakturgefahr für Instrumente. Doch wie groß ist der Nutzen verbesserten mechanischen Eigenschaften – schützen diese vielleicht vor Längsfrakturen, die nicht selten einen Extraktionsgrund darstellen?
Die Kernfrage lautet daher, ob der Schutz von Zahnhartsubstanz die Nachteile minimalinvasiven Vorgehens ausgleicht und ob auch bei minimalinvasivem Zugang und einer nur wenig konischen Erweiterung eine gleichwertige Desinfektion des infizierten Endodonts erfolgen kann.